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Das Sozialpraktikum
Was ist Behinderung? Wann ist ein Mensch behindert? Gibt es eine Normalität im Menschsein? Die Antwort des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker lautete eindeutig:
„Es ist normal, verschieden zu sein. Es gibt keine Norm für das Menschsein. Manche Menschen sind blind oder taub, andere haben Lernschwierigkeiten, eine geistige oder körperliche Behinderung – aber es gibt auch Menschen ohne Humor, ewige Pessimisten [...] Dass Behinderung nur als Verschiedenheit aufgefasst wird, das ist ein Ziel, um das es uns gehen muss.“ (Aus einer Ansprache zur Eröffnung der Bundesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte“ 1993)
Der menschliche Umgang mit Verschiedenheit – aller Art – nicht nur mit Behinderung ist zentraler Bildungsauftrag der Schulen in einer freien und demokratischen Gesellschaft. Denn nur dort, wo anderen mit Empathie und Verständnis begegnet wird, kann gesellschaftliches Miteinander gelingen.
Die Schüler und Schülerinnen der neunten Klassenstufe des Ludwig-Marum-Gymnasiums absolvieren ein einwöchiges Sozialpraktikum in einer Einrichtung der Alten- oder Behindertenhilfe, in der Arbeit mit Flüchtlingen oder Obdachlosen oder in einer anderen Einrichtung, in der die Jugendlichen Kontakt bekommen mit Menschen in besonderen Lebenslagen.
Die Einrichtung und Organisation des Sozialpraktikums ist ein Gemeinschaftsprojekt der Fachschaften Evangelische / Katholische Religion und Ethik. Ausgangspunkt für das Projekt war der Wunsch, einen Beitrag zur Verständigung innerhalb unserer Gesellschaft zu leisten, indem unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu einem Kontakt mit Menschen gegeben wird, denen sie üblicherweise in ihrem Familien-, Bekannten- und Freundeskreis nicht begegnen. Verstanden werden soll dies vor allem als ein Beitrag zur persönlichen Bildung bzw. zur Entwicklung der Persönlichkeit.
In diesem Sinne fiel die Entscheidung auch dahin, vor allem den Kontakt zu solchen Menschen zu ermöglichen, die üblicherweise nicht im Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit stehen – Menschen mit einer Behinderung, Menschen im Alter, Menschen, die an einer Krankheit leiden, Menschen, die aus einem anderen Land den Weg zu uns gefunden haben, um ein neues Leben zu beginnen.
Zur Förderung dieser sozialen und persönlichen Fähigkeiten ist die Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen in der Umgebung unabdingbar. Die Resonanz seitens der Einrichtungen – Alten- und Pflegeheime, Förderschulen, Einrichtungen des betreuten Wohnens, Einrichtungen zur Unterstützung von Flüchtigen und Asylbewerbern oder sozial Schwachen – ist äußerst positiv. Mehr noch, die Bereitschaft, unsere Schülerinnen und Schüler aufzunehmen und für sie Zeit zu investieren ist sehr hoch, indem sie unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, in Kontakt mit Menschen zu treten und Einblick in ihre Arbeit zu erhalten.
Damit die Schülerinnen und Schüler nicht unvorbereitet in das Praktikum gehen, werden sie im Religions- bzw. Ethikunterricht auf die Inhalte des Praktikums vorbereitet. Schon gegen Ende ihres achten Schuljahres setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Frage auseinander, welche Einrichtung sie interessiert, wo sie sich bewerben wollen und wo sie dann das Praktikum absolvieren können. Im Anschluss an das Praktikum findet im Rahmen des Religions- bzw. Ethikunterrichts eine Auswertung statt, sodass sie ihre Erfahrungen und Eindrücke teilen können.
In den allermeisten Fällen sind Erfahrungen, die die Schüler/innen von ihrem Praktikum mitbringen positiv und eindrücklich. Hier einige Schüleräußerungen dazu, was im Praktikum erlebt wurde:
- Nach der Begegnung mit einer Parkinson-Kranken - Auf dem Rückweg denke ich die ganze Zeit an diese armen Leute und mir wird erstmals richtig bewusst, wie froh ich sein kann, dass ich gesund bin.
- Nach dem Praktikum in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung: Ich habe gelernt, dass behinderte Menschen ganz normal sind, man braucht keine Angst vor ihnen zu haben.
- In einer Schule für Schüler mit Lernschwierigkeiten: Und ich frage mich, warum sie diese Schwierigkeiten haben. Liegt es wirklich daran, dass sie zuhause niemanden haben, der ihnen bei den Hausaufgaben hilft oder sich mit ihnen beschäftigt? Für mich ist vieles so selbstverständlich und leicht, was für andere schwer ist. Erst in dieser Woche ist mir das so richtig bewusst geworden.
Mit der Einrichtung des Sozialpraktikums am Ludwig-Marums-Gymnasium wird ein Baustein verwirklicht, wie er im Leitbild unserer Schule beschrieben wird:
„Angesichts einer komplexen Lebenswelt sollen neben den kognitiven auch die sozialen und kulturellen Kompetenzen in den Mittelpunkt des Bildungsprozesses gestellt werden.“ (Leitbild des LMG)